Hunde sind heute viel mehr als „nur“ der sprichwörtlich beste Freund des Menschen. Schon lange haben sie sich einen Platz als fester Sozialpartner an unserer Seite gesichert.

Die Vierbeiner sind für uns seelische Unterstützer, Spielkameraden, Partner im Sport und nicht zuletzt Ausdruck unserer eigenen Identität geworden.

Kein Wunder also, dass kaum ein Thema so emotional, hitzig und oft unter der Gürtellinie diskutiert wird, wie der „richtige“ Umgang mit dem Lebewesen Hund.

Worin sind sich zwei Hundetrainer einig?

Der Dritte hat unrecht.

Wenn unser Hund problematisches Verhalten zeigt, sehen wir uns mit unzähligen Meinungen, Tipps und Ermahnungen konfrontiert. Und vieles von dem, was uns begegnet, behandelt vor allem all das, was wir nicht tun dürfen, sei es, weil es nicht zeitgemäß sei oder gar tierschutzrelevant.

Dem entsprechend bieten Hundeschulen heute vornehmlich Training mittels positiver Bestärkung an. Eine Vorgehensweise, die gut zu unserem Wunsch eines harmonischen Miteinanders mit unserem Hund passt, jedoch verschweigt, dass der Begriff „positiv“ in der Lerntheorie nichts mit „nett“ oder „schön“ zu tun hat.

Außerdem wird ausgeblendet, dass sich Hunde in vielen Bereichen selber belohnen und der Mensch seinem Hund viel gutes tut, ohne es eigentlich zu wollen.

Viele der Problemverhalten, mit denen ich mich konfrontiert sehe, wurden unbewusst durch die Hundebesitzer bestärkt – ganz ohne Leckerchen.

Es ist verrückt. Auf der einen Seite halten wir unsere Hunde für so intelligent, dass sie unsere innersten Stimmungen wahrnehmen, auf der anderen Seite halten wir sie für dermaßen blöd, dass wir glauben, wir müssten nur laut genug quietschen und genügend Futter in sie reinstopfen, damit sie tun, was wir sagen.

Hunde sind wesentlich komplexere Lebewesen, als dass man sie mit ein bisschen Konditionierung „umdrehen“ könnte.

Dabei verhält sich der Hund opportun, eine wichtige Voraussetzung dafür, dass er überhaupt domestiziert werden konnte.

Ein Verhalten, das für ihn von Vorteil ist, wird er häufiger und verstärkt zeigen. Das sind solche Verhalten, die wir belohnen, aber eben auch solche, in denen er sich seine Belohnung selber sichert.

Die Frage nach der Gewalt

Oft werde ich gefragt, wie ich zum Thema gewaltfreie Hundeerziehung stehe, da ich, wenn nötig, auch mit unterbrechenden Maßnahmen arbeite.

Meiner Meinung nach sollte es im Hundetraining vor allem fair zugehen. Das heißt, dass der Hund eine Chance erhält, etwas zu lernen. In dem Moment, in dem diese Chance wegfällt, ist selbst der kleinste körperliche Eingriff in den Hund unfair und deshalb zu verurteilen.

So nett wie möglich, so deutlich wie nötig!

Im Fokus steht dabei der Mensch. Denn er ist es, der in der ganzen Diskussion vergessen wird.

Niemand kauft sich einen Hund, um ein Problem zu bekommen. Aussagen wie „Der Hund hat keine Bindung“ sind meiner Meinung nach nicht nur fachlich falsch, sondern vor allem verletzend und beleidigend.

Wenn der Hund problematisches Verhalten zeigt, ist das für den Menschen mit Ängsten, Sorgen und Selbstzweifeln verbunden. Dem entsprechend hat er ein Anrecht darauf, dass seine individuelle Situation im Training Berücksichtigung findet.

  1. Der Mensch hat ein Recht darauf, mit Respekt und Empathie empfangen zu werden.
  2. Der Mensch hat ein Recht darauf, dass seine Fragen und Zweifel ernstgenommen und beantwortet werden.
  3. Der Mensch hat ein Recht darauf, dass das Training in seine individuelle Lebensrealität passt.
  4. Der Mensch hat ein Recht darauf, dass eine Verhaltensänderung beim Hund eintritt.

Wenn es dem Menschen gelingt, sich als glaubhafte Person darzustellen, wird der Hund ihn als Persönlichkeit auch ernst nehmen. Gleichzeitig muss der glaubhafte Mensch seine Aussagen nicht durch Körperlichkeiten unter Beweis stellen.

Die Leberwurst wird immer interessanter sein als du.

Aber du kannst wichtiger sein.

In meiner Beratung geht es nicht darum, Techniken zu vermitteln. Deshalb verzichte ich im Normalfall auch auf Hilfsmittel. Vielmehr helfe ich dem Menschen, handlungsfähig und glaubhaft zu werden – das betrifft das Belohnen des Hundes genau wie die Unterbrechung eines Verhaltens.

Während wir Menschen in unseren Leben nach Selbstverwirklichung und individueller Freiheit streben, ziehen unsere Hunde es vor, sich in sozialen Gruppen zu organisieren. Und auch, wenn es uns widerstrebt, Hunde haben keine Probleme damit, sich in einer Struktur einzuordnen.

Der Hund hat ein Recht darauf, seinem Wesen und seiner Art entsprechend leben zu können. Hierzu gehört ein Mensch mit einer starken Persönlichkeit, an dem sich der Hund orientieren kann und der ihm als Anker dient.